Teil 1, “Danmask”. Am Beispiel eines Übersichtsartikels zum “Mund-Nase-Schutz” im Ärzteblatt wird gezeigt, wie man sich manchmal schnell von der Wertlosigkeit einer Arbeit überzeugen kann
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Der “Mund-Nasen-Schutz” gaukelt eine Sicherheit vor, die nicht existiert und er ist eher eine “Keimschleuder” für verschiedenste Krankheitserreger, wenn er unsauber wird. (Drosten-Vorgänger Christian Krüger im April 2020)
In diesem ersten Teil wird die offensichtliche Pleite des Ärzteblatt-Artikels vorgestellt. Weitere, nicht so offensichtliche Pleiten des Artikels, werden im Teil 2, “Baseline, Japan, Jena” behandelt.
Im Februar 2021 ist im Ärzteblatt ein Übersichtsartikel von Christoph Josef Hemmer, Frank Hufert, Stefan Siewert und Emil Reisinger zum “Schutz vor COVID-19: Wirksamkeit des Mund-Nasen-Schutzes” erschienen. Der Artikel ist lang, enthält viele Referenzen und ist reich bebildert. Die Autoren kommen zu folgendem Ergebnis:
“Modellversuche und Fallberichte legen nahe, dass eine deutliche Schutzwirkung der Mund-Nasen-Bedeckung gegenüber einer SARS-CoV-2-Übertragung und anderen respiratorisch übertragenen Erkrankungen durch Reduzierung potenziell infektiöser Tröpfchen besteht und zudem auftretende Erkrankungen milder verlaufen.” (Meine Hervorhebung)
Eine “deutliche Schutzwirkung” wird behauptet. Die Autoren beschäftigen sich mit “Infektionswegen, Virendosis, Infektiosität”, wobei die Diskussion von “Aerosolen” eine bedeutende Rolle spielt. Dann werden “Modellrechnungen und Infektionsmodelle” angeführt.
Modelle sind schön und gut, entscheidend für die Frage danach, ob der Mund-Nase-Schutz wirksam ist, sind aber am Ende Studien, in denen der Schutz im Alltag verwendet wird. Solche Studien behandeln die Autoren am Ende ihres Übersichtsartikels. Kurz vor dem Abschnitt “Fazit” steht zu lesen:
“Die dargestellte Evidenz beruht auf Beobachtungsstudien, denen allgemein ein niedrigeres Evidenzlevel zugeordnet wird als randomisierten kontrollierten Studien. Es handelt sich jedoch um die beste gegenwärtig verfügbare Evidenz, und da die Ergebnisse zur Wirksamkeit der Masken auch wissenschaftlich plausibel sind, raten wir eindeutig zum Tragen von Masken zur Infektionsprävention.” (Meine Hervorhebung)
Mit der Behauptung, dass Beobachtungsstudien die “beste gegenwärtig verfügbare Evidenz” darstellen, wird klar, dass der Artikel nichts taugt. Denn im Gegensatz zur Behauptung der Autoren existiert sehr wohl eine randomisierte kontrollierte Studie zur Wirksamkeit der Masken. Sie hiess “DANMASK-19”, wurde im Juni 2020 in Dänemark durchgeführt, und ihre Ergebnisse wurden im November 2020 veröffentlicht, fast drei Monate vor Erscheinen des Übersichtsartikels. Wer über das Thema “Mund-Nase-Schutz” schreibt, sollte diese Studie kennen.
Es hat bis zur Veröffentlichung ziemlich lange gedauert, das ist eine der vielen Merkwürdigkeiten der Pandemie. Lag es an der Qualität der Studie? Als Laien wenden wir uns an den stockholmer Notarzt Sebastian Rushworth, der auf seinem Blog zu Gesundheitsthemen Fragen nach der Wirksamkeit von medizinischen Eingriffen erläutert, indem er die besten Studien behandelt, die er zu seiner Fragestellung finden konnte. Er hat die dänische Maskenstudie schon im Monat ihres Erscheinens vorgestellt: “Covid-19: New evidence on face masks”.
Die Studie ging über einen Monat und die Forscher haben auch nach einem Unterschied bei elf anderen Atemwegsviren gefragt. Die Studie hatte fast 5000 Teilnehmer. Rushworth:
“Das ist eine schöne grosse Zahl, die einen nennenswerten Unterschied aufzeigen sollte, wenn es ihn gibt.”
In der Maskengruppe hat jeder 50 frische Masken bekommen. Was wohl den Keimschleudereffekt begrenzt hat. Die Studie war also nicht nur randomisiert kontrolliert, sondern in ihrer Art auch noch von hoher Qualität. Was war das Ergebnis?
“In der Maskengruppe haben während der Studie 1,8% Covid-19 bekommen, in der Kontrollgruppe waren es 2,1%. Das ist ein Unterschied von 0,3% zugunsten der Maskengruppe, aber es kommt nicht mal in die Nähe davon, statistisch signifikant zu sein.”
Die dänische Studie hat allerdings nur untersucht, ob der Mund-Nase-Schutz seinen Träger vor Infektionen bewahrt. Ob das Tragen andere Personen schützt, dafür gibt es keine randomisierten kontrollierten Studien. Der Laie fragt sich allerdings: Wenn die Mund-Nasen-Bedeckung für ihren Träger keinen signifikanten Schutz bietet, wie soll sie das dann bei anderen tun?
Jedenfalls ist klar:
Entgegen der Behauptung der Autoren des Übersichtsartikels, dass es keine randomisierte kontrollierte Studie gebe, wurden die Ergebnisse einer sehr guten Studie dieser Art mehr als zwei Monate vor Erscheinen des Übersichtsartikels veröffentlicht.
Entgegen der Behauptung der Autoren des Übersichtsartikels, dass es eine “deutliche Schutzwirkung” gibt, zeigt die dänische Studie, dass eine signifikante Schutzwirkung, jedenfalls für den Träger, nicht existiert.
Der Umstand, dass die Autoren des Übersichtsartikels die beste Studie zu ihrem Thema mit keinem Wort erwähnen, lässt Zweifel an der Fachkunde der Autoren aufkommen.
Dass ein Artikel mit mengelhafter Fachkunde im Ärzteblatt erscheinen konnte, lässt Zweifel an der Qualität der redaktionellen Arbeit dieser Publikation aufkommen.
Ein Laie kann sich also mit relativ wenig Aufwand von der Wertlosigkeit des Übersichtsartikels im Ärzteblatt überzeugen. – Übrigens, Lesern, die nicht wissen, was eine “randomisierte kontrollierte Studie” ist, hat Rushworth das ebenfalls erklärt: “How to understand scientific studies (in health and medicine)”.
Weiter zum Teil 2, “Baseline, Japan, Jena”, mit etwas weniger offensichtlichen Pleiten des Ärzteblatt-Artikels.
weltexperiment.com・document 21133 (2021-02-23)・revision 21144 (2021-02-26)・Ulf Martin Mail Telegram